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Wie können wir Narzissmus erkennen? Es scheint, als würden manche Menschen Narzissten förmlich magisch anziehen. In diesem Beitrag geht es deshalb um Stoppschilder und Warnzeichen, die uns unsere Intuition schickt, wenn wir es mit Narzissten zu tun bekommen.

violetta hoffmann
Ein Beitrag von Violetta Hoffmann

Dass Narzissmus sowohl unter Frauen als auch Männern weit verbreitet ist, ist mittlerweile sehr vielen Hochsensiblen bewusst.

Ich bin davon überzeugt, dass unsere Intuition uns rechtzeitig darauf aufmerksam macht. Nur manchmal überhören wir gewisse Signale oder wissen einfach keinen Ausweg. Es ist auch so, dass wir diesem Persönlichkeitstypus nicht immer ausweichen können. Sei es aus beruflichen oder familiären Gründen.

Allerdings können wir aus dem Kontakt mit solchen Menschen immer etwas lernen und auch einen gesunden Umgang damit finden. Mir ist aus eigener Erfahrung sehr wohl bewusst, wie schwer das manchmal sein kann. Allerdings können wir hier früher oder später das Beste für uns rausholen, wechseln wir nur unsere Perspektive und entwickeln uns aus gewissen Mustern, die uns scheinbar klein halten, heraus.

Bevor wir gleich auf die zehn stärksten Hinweise eingehen, möchte ich dir nahelegen, dass du dir bewusst wirst, warum Narzissten manchmal so abgründig und destruktiv handeln:

  • Sie spüren im tiefsten Inneren eine abgrundlose Leere und Verlassenheit.
  • Sie haben keinen Bezug zum eigenen Selbst (also auch kein Selbst-Bewusstsein).
  • Da sie teilweise so sehr von ihrem eigenen Wesen getrennt sind, verfügen sie über kaum oder gar kein Scham- und Schuldbewusstsein.
  • Werte sind für sie nur Worte. Sie können Gesprochenes nicht verkörpern, da auch hier der Bezug zum eigenen wahren Selbst fehlt.

10 Warnsignalen, wie du Narzissmus erkennen kannst:

1. Nach dem ersten Kennenlernen überrumpeln sie dich mit extrem viel Kontaktfreudigkeit. Sie melden sich im Übermaß bei dir, manchmal sogar zu unangebrachten Zeiten.

2. Sie kommen sehr schnell mit dem Begriff „Seelenverwandtschaft“.

3. Sie suchen zeitnah (auch in Freundschaften) möglichst viel körperliche Nähe oder Unternehmungen, die auf engem Kontakt beruhen.

4. Sie preisen dich in den Himmel (um dich später in die Hölle zu schicken).

5. Sie wollen unbedingt alles über deine (schlimmen) Schicksalsschläge erfahren (um ihre Waffen gegen dich zu schärfen) Sprich: Sie suchen nach deinen Schwachstellen und Wunden!

6. Du hast bereits bei den ersten Treffen ein ungutes Gefühl, bist nach dem Kontakt ausgelaugt und dein Nervensystem ist im Kontakt mit diesen Menschen überreizt.

7. Sie sind laufende Luftpumpen. Sie können gut und gerne erhaben von sich und ihren Werten sprechen, die sie dann aber nicht leben.

8. Sie geben sich gerne spendabel und großzügig, allerdings nur um dich an sie zu binden und die Anerkennung zu ernten. Nichts ist hier selbstlos.

9. Sie melden sich oft unangekündigt: ob an Tür oder Telefon – und das häufig.

10. Sobald du deinen „Thron“ eingenommen hast, drehen sie das Spiel um. Sie korrigieren dich hier und da, machen dich klein wo es nur geht und beginnen eindeutige Tatsachen entweder zu verdrehen oder sogar zu verneinen.

Wenn du solche Warnsignale wahrnimmst, achte sie in erster Linie. Als Lernaufgabe für uns Hochsensible sehe ich darin, dass wir lernen dürfen, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen. Wenn wir in einer Lebensphase noch zu sehr in der Opferrolle stecken, dann ist das für solche Persönlichkeiten natürlich ein gefundenes Fressen. Übe dich darin zu reflektieren, wo du dich selbst noch in die Opferrolle steckst, wo das herkommt, und wie du durch gesunde Grenzen und dem goldenen Wörtchen „Nein“ da wieder rauskommst.

Ganz wichtig: Wenn du lernst, für dich und deine Bedürfnisse einzustehen und hier und da ein gesundes Nein zu deinem Wohl auszusprechen, dann hüte dich vor Rechtfertigungen.

Jede Rechtfertigung zieht dich wieder in ein „unbewusstes“ Opferbewusstsein.

Du musst weder dich noch deine Bedürfnisse rechtfertigen. Das Wort „Nein“ ist ein vollständiger Satz. Sollte es dir dennoch schwerfallen, hier ein paar hilfreiche Nein-Sätze für den Alltag, die dir weiterhelfen können:

  • Nein, ich möchte das nicht.
  • Nein, das entspricht mir nicht.
  • Nein, das schaffe ich zeitlich nicht.
  • Nein, das wird mir zu viel.
  • Danke, dass du mir das zutraust, allerdings schaffe ich das in diesem Zeitrahmen/zur Zeit nicht.

Und behalte immer im Hinterkopf: Du bist fühlend, vollständig und energetisch.

Du bist niemals auf narzisstische Persönlichkeiten angewiesen.

Es ist der umgekehrte Fall.

Alles Liebe

Violetta Hoffmann, Netzwerkmitglied für 77654 Offenburg (D)
Mediale Mentorin, www.violettahoffmann.com, Autorin von Können Raupen fliege lernen? Ein Kinderbuch, auch für Erwachsene

Weiterführende Quellen zum Thema:
https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/narzissmus
https://www.nzz.ch/feuilleton/psychoanalytiker-otto-kernberg-ueber-narzissmus-ld.1756764


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4 Kommentare

  1. Drei Anmerkungen, als Coach und Autor, der sich auf Hochsensibilität und Narzissmus spezialisiert hat und gerade in einer Therapeuten-Ausbildung ist, möchte ich zu dem Artikel machen:

    1) Der Begriff Narzissmus wird zu oft inflationär und wertend benutzt in der Öffentlichkeit, zu wenig differenziert, leider auch zu wenig in diesem Artikel. Zum Beispiel, dass es Akzentierungen oder Ausprägungen gibt, und erstmal 5 von 9 Punkten eines Klassifikationssystems zusammen kommen müssen, bis ein Therapeut die Diagnose „Narzisstische Persönlichkeit“ (oder ein Narzisst) stellen darf.

    2) Jeder von uns hat bis zu einem gewissen Grad narzisstische Zügel, das ist auch gut so (Stichwort: Selbstwertregulation), kritisch wird es, wenn ständig auftretende Abwertung und Empathielosigkeit dazukommen.

    3) Ja, auch (selbsternannte) HSP können aufgrund von mangelnder Selbstliebe/Regulation / verdrängten Bindungsverletzungen in der Kindheit narzisstisch strukturiert sein! Hier herrscht bei vielen ein „Tabudenken“ und Narzissten gibt es nur um sie herum. Wenn du immer wieder an Narzissten gerätst, dann wirft das ein großes Licht auf deinen (verdeckten) (Co-)Narzissmus.

    Bei alledem sollte man bedenken, dass sich jeder einfach „hochsensibel“ nennen kann, und es aus meiner jahrelangen Beobachtung auch viele zu schnell als „Etikett“ umhängen, um sich nicht tiefer mit sich selbst zu beschäftigen!

    Ebenso wichtig erachte ich die Unterscheidung bzw. auch die Gemeinsamkeiten zwischen den Symptomen eines Entwicklungstraumas und den Merkmalen von HS, auch hier gibt es für meine Belange viel Verwirrung / Verwechslung und auch Des-Informationen.

    1. Hallo Oliver,

      ich stimme dir in allen Punkten zu. Absolut richtig, was du ergänzt hast. Allerdings ist es nahezu unmöglich in einem „kurzen“ Artikel alle diese Aspekte zu berücksichtigen. Umso besser, dass es dazu Experten gibt und auch Fachliteratur. Meines Wissens hast du ja auch ein aufschlussreiches Buch darüber geschrieben.

      Liebe Grüße
      Vio

      1. Hallo Violetta,

        Danke für deine Antwort und dass du meinen Kommentar gut verstehen konntest.

        Ich gebe zu, dass ich da mittlerweile eine gewisse Ungeduld und auch Ärger spüre, deshalb den Kommentar wohl etwas kantig und schnell geschrieben hatte.

        Aus meiner Sicht, nach 8 Jahren hsp Szene, gibt es hier viel Unheil bei hsp, wenn Kenntnisse zu Trauma und Narzissmus fehlen, oder manche sich nur in Projektionen verlieren.

        Ich möchte nur aufklären und helfen bei einem differenzierten Blick – so wie du auch mit deinem Artikel (und ja: in der kürze ist das schwierig).

        Genau: mit meinem Buch (der Liebende Narzisst) versuche ich diese Unterscheidung wie Anziehung zwischen HSP und Narzissten besser zu verstehen.

        Im September halte ich auf einem hsp- Symposium in der Schweiz dazu auch einen Vortrag zum Thema Narzissmus, Trauma und HS. (Eigenwerbung Ende;)

        Liebe Grüße,

        Oliver

        1. Hallo Oliver,

          ungefragt erlaube ich mich einzuklinken und meine Erfahrung zu teilen.

          Dein Buch habe ich ebenfalls gelesen und auch als Hörbuch immer wieder angehört. Es hat mich immer wieder geprüft und selbstkritisch sein lassen.

          Da ich selbst viele Jahre in einer Beziehung war, nicht unterscheiden zu können, aufgrund der manipulativen Art eines vermutlich pathologischen Narzissten / Soziopathen.

          Vio ist seit langer Zeit auch meine Coach, und ich habe mich über fünf Jahre hinweg mit meiner Hochsensibilität erst kennengelernt. Ich gebe dir ebenfalls recht:
          Oft verschwimmt die Wahrnehmung oder das Persönliche durch Coping und Verhaltensweisen, die man sich antrainiert hat, gerade als hochsensible Person. Ich glaubte viele Jahre selbst, meinen narzisstischen Anteil ungesund auszuleben. Nach zwei Jahren Therapie weiß ich jedoch, dass er ein Spiegeln war, um mich zu schützen und ein Trauma das dadurch ausgelöst wurde

          Nach Distanz und Trennung erkennt man das Trauma/ Verhalten/ Anpassen erst wirklich und darum. Deine Offenheit zu lesen hat mich kurz stutzig gemacht, weil sie direkt in die Bewertung ging. Aber ich kann deine Perspektive verstehen. Es gibt offensichtlich immer mehr „Wunsch“-Diagnosen oder selbst ernannte HSPler. Ich schreibe schon fast zehn Jahre auf Blogs und Social Media und denke, man kann heutzutage nicht immer erwähnen, dass ein Beitrag „keine“ Diagnose ist oder ein Opfer-Täter-Gedanke verfolgt wird.
          Auch du erwähnst das meine ich auch: dass es wichtig ist, sich selbst zu reflektieren.
          Wir Autoren/Blogger gehen letztendlich immer von einer Unterstützung und nützlichen Informationen aus für Menschen, die das benötigen und nicht das fördern oder Wunschdenken bestätigen.

          Wir sollten immer davon aus, dass unsere Beiträge im positiven Sinne eine Unterstützung für alle sind, die sie benötigen. Die Intention ist nicht, sich selbst zu diagnostizieren, sondern vielmehr Wissen zu teilen und unterstützende Informationen bereitzustellen. Aber das muss man vielleicht auch immer wieder erwähnen, ist es relevant?! Ich denke nicht.
          Eine gesunde Perspektive spricht schließlich immer die gewünschte Zielgruppe an und nicht die die es nicht sind.

          @Vio, danke für den Beitrag.
          Es hat mich richtig geschüttelt, das wieder zu lesen. Aber es ist auch ein guter Reminder, auf diese Red Flags zu achten. Nicht zu suchen, aber achtsam zu sein. Bei mir hat es drei Jahre Therapie und Coaching benötigt, obwohl ich von Anfang an diese Signale hatte. Heute weiß ich, warum. Auch dank dir.

          Schwache Lebensphasen und Trauer öffnen das Herz und den Wunsch, geliebt und aufgefangen zu werden. Traurig, dass ich so eine Erfahrung machen musste. Heute weiß ich, dass es eine Lehre war. Man sollte niemals nie sagen, aber ich sage heute, dass ich so etwas nicht mehr zulassen würde.

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